Von Eberhard Brumm: Hobbyheimatforscher mit Schwerpunkten in Geschichte der Verkehrswege und Historische Maße und Gewichte
Der 5-Km Stein auf der Position "Kilometer 20" der Landesstraße (L) 816, ca. 500 m vom Schifffahrtsdenkmal in Steinhausen in Richtung Bockhorn entfernt, ist zwar noch keine 555 Jahre alt aber immerhin schon 197 Jahre. Natürlich ist das Material, aus dem er besteht -es handelt sich um Granit- deutlich älter, aber das lassen wir in dieser Erzählung einmal außen vor. Es handelt sich um einen ehemaligen Meilenstein, der uns viel über die Verkehrsgeschichte unserer Region erzählen kann.
Eingekauft wurde der Stein als Meilenstein vom Oldenburger Herzog Peter Friedrich Ludwig im Jahr 1809 für 10 Taler bei einen hamburger Zwischenhändler. Zusammen mit 99 gleichartigen Steinen machte er die See-Reise über die Elbe, Deutsche Bucht, Weser und Hunte bis an das Schloss zu Oldenburg.
Ab 1821 wurden die Meilensteine dann an den damals fünf wichtigsten (und neuvermessenen) Postwegen des Landes zur Orientierung der Reisenden aufgestellt.
Dazu gehörte auch der Weg von Oldenburg nach Jever über Varel. Nachdem diese und weitere Verkehrsverbindungen als Chaussee (auch: Kunststraße) ausgebaut waren, fanden die Meilensteine an den teilweise auch neuen Streckenführungen ihren Platz. Sie zeigten im Abstand von einer halben Meile die Distanz zum Schloßturm in Oldenburg an. Die jeweiligen Angaben wurden in einer vertieften Fläche mit schwarzer Farbe auf weißem Grund aufgemalt.
Die ersten Meilensteine in der Nähe von Steinhausen standen somit an der Chaussee, die so manchem wohl noch als Reichsstraße bzw. Bundesstraße 69 in Erinnerung ist.
Als zum 1.Januar 1874 die Meile als Maß infolge eines neuen Gesetzes für Maß und Gewicht im Deutschen Reich ersatzlos entfiel und größere Distanzen nur noch in Meter bzw. Kilometer gemessen wurden, galt es neue Distanzmarkierungen im Lande vorzunehmen. Die Regierung in Oldenburg entschied, dass die vorhandenen Meilensteine nun 5 KM-Abstände an den Straßen markieren sollten. Das war praktisch -da sparsam-, standen doch bisher auf einer Strecke von 2 Meilen (2x7426,6m) 4 Steine, so benötigte man jetzt nur noch 3 für 15 Kilometer. Mit den überzähligen Steinen konnten dann Nebenstraßen im Lande bestückt werden. Eine solche Nebenstraße war zu der Zeit die heutige L816.
Der Bezugspunkt (Nullpunkt) für die Distanzangaben im Lande war weiterhin prinzipiell der Schloßturm zu Oldenburg. Mit zunehmender Anzahl von Straßen (besonders aufgrund der Querverbindungen) im Großherzogtum war das aber nicht mehr durchgängig aufrecht zu erhalten, man behalf sich mit Kirchtürmen und bedeutenden Straßenknotenpunkten.
Für die L816 wurde der Kirchturm der St. Petri Kirche zu Westerstede als Nullpunkt bestimmt. Von dort aus gemessen zeigten jetzt also -alle 5 Kilomer- ehemalige Meilensteine die Distanz an. Seitdem sind es 5-KM-Steine. Für die einzelnen Kilometer dazwischen verwendete man Feldsteine, auf die entsprechende Angaben gemalt wurden.
Seit 2009 werden die Kilometersteine in Niedersachsen an den Straßen durch Stationszeichen ersetzt. Dieses sind Schilder an Pfählen, die eine präziesere Positionsangabe als bisher ermöglichen. Die Steine werden überflüssig und drohen in Vergessenheit zu geraten. Zum Glück ist man sich aber in der Straßenverwaltung des Landes zunehmend der historischen Bedeutung der alten Steine am Straßenrand bewußt. Sie werden durch Befestigungen geschützt und durch Renovierung wieder sichtbar und somit ins Bewußtsein der Bevölkerung zurück gebracht. Unser Stein auf Position "Kilometer 20" ist ein schönes Beispiel dafür.
Diese Denkmale der Verkehrsgeschichte müssen erhalten bleiben, sie haben uns viel über die Geschichte unserer Verkehrswege im Lande zu erzählen.
Mehr zur Verkehrsgeschichte der Region ist zu finden auf www.360-270.de.
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